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Artikel vom 16.04.2009

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Basel - Wirtschaft

Van-Ueli-Bier für Vincent

Kurz vor dem Auftakt des europäischen Kunstereignisses «Van Goghs Landschaftsbilder» in Basel hat sich die berühmte Kleinbrauerei des Röntgen-Arztes Hans-Jakob Nidecker wiederum etwas einfallen lassen - etwas Sonnenblumig-gelbes

Von Jürg-Peter Lienhard



Santé, Vincent! Alt Brauer Anton Welti, Anita Treml Nidecker vom Nidecker-Clan und Bernhard Mendes Bürgi, Direktor des Kunstmuseums Basel, stossen mit dem «Van-Ueli-Bier» an, das die gleiche Farbe hat, wie das Sonnenblumen-Feld auf Van Goghs Bild im Hintergrund. Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


Fast scheint es, dass es Tradition im Hause Nidecker ist, der Rheingasse-Beiz «Fischerstube» mit dem selbstgebrauten «Ueli-Bier»: Wie weiland 2004 an der sagenhaften Ausstellung «Tut-Anch-Amun» im Antikenmuseum Basel, als die originelle Kleinbrauerei gewitzt das «Tut-Anch-Ueli-Bier» kreierte, kredenzte der von Hans Jakob Nidecker vor 34 Jahren «entdeckte» Berner Braumeister Anton Welti am Mittwoch, 15. April 2009, vor versammelter Lokalpresse das «Van-Ueli-Bier» - wiederum eine bierische Kreation als «Begleittropfen» für die kommende Sonderschau von Vincents Sonnenblumenlandschaften im Kunstmuseum Basel.


Der Berner namens Anton Welti gehört als Brauer zum Kleinbasel, wie sein verstorbener Chef und Gründer der Kleinbrauerei «Ueli-Bier», Hans Jakob Nidecker, zum Adel des minderen Basels gehörte: Weltis Pensionierung vor wenigen Tagen wurde sogar vom Lokal-Fernsehsender «telebasel» mit einem Dokumentarfilm gewürdigt (siehe Link unten). Die «Fischerstube» mit der Kleinbrauerei «Ueli-Bier» an der berühmt-berüchtigten Rheingasse ist nicht nur eine erste Beizen-Adresse im minderen Basel, sondern immer wieder gut für innovative Überraschungen und damit Zugpferd und Vorbild nicht nur für das rechtsrheinische Gewerbe: Was die anpacken, hat Pfiff, ist originell und voller Liebe zum Handwerk und zur Tradition.

Der Bierbrauer Anton Welti sagte bei der Vorstellung des Rezeptes von «Van-Ueli-Bier» in seiner liebenswürdigen Berner Mundart: «Ich verstehe nichts von Kunst; ich weiss lediglich, dass Monet Seerosen malte und van Gogh Sonnenblumen - das ist alles.» Dann aber sagte er noch: «Ich bin Hobby-Gärtner, und eine meiner Lieblingsblumen ist die Sonnenblume. Wenn die Sonne am Morgen im Osten aufgeht schaut sie zur Sonne und dreht ihren Kopf im Laufe des Tages mit der Sonne, bis sie abends ihre Blüte nach Westen gerichtet hat. Wunderbar!».

Jetzt müsste mir Herr Welti doch noch auseinandersetzen, warum er «nichts von Kunst» versteht, wenn er denn schon das Allerwesentlichste jeder Kunstbetrachtung beherrscht: Das Schauen und Staunen. Während Vincent dann zum Pinsel oder zur Farbtube griff, ging Welti zur Wettstein-Apotheke und erfrug Botanisches, was er schliesslich als Sonnenblumen-Ingredienzien in sein Bier hineinbraute und hiermit ebenfalls ein Kunstwerk schuf!

Ein Flüssiges zwar, aber ein Sinnliches. Da ist dann die Frage, was man als Wert der Sinnlichkeit bezeichnet, wenn man es nicht an die Wand nageln und schon gar nicht für Millionen versteigern kann. Das geht ebenso wenig mit einem wundervollen Bier, wie nach einer Nacht mit einer Schönen, die einem doch immerhin lange in schwelgerischer Erinnerung bleibt. Dann ist eben das Betrachten des Sonnenblumenfelds à la Vincent und hinterher der Schluck «Van-Ueli-Bier» vor allem ein ganz intimes Erleben und Erinnern, das man nur am Originalschauplatz verinnerlichen kann. Also mithin nur im Kunstmuseum Basel und danach in der «Fischerstube» an der Rheingasse 45!



Von «Kunst auf Leinwand» meint er nichts zu verstehen - zweifellos aber von der Kunst des Brauens: Anton Welti (links) erläutert die Ingredienzen seines Rezeptes für das «Van-Ueli-Bier» (Mitte: Kunstmuseums-Direktor Bernhard Mendes Bürgi; rechts: Urs Reimann, Verwaltungsdirektor des Kunstmuseums Basel). Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


Ich schweife ab, denn nebst der kreativen, bierkünstlerischen Idee gibt es auch einen geschäftlichen Hintergrund, der aber ebenso auf der Grundlage von Kreativität, Engagement, Kenntnis und Kultur steht - eben so wie er im Hause Nidecker von jeher vorherrschend war: Der Radiologe Hans Jakob Nidecker war in den sechziger Jahren und bis zu seinem Tod 2005 allseits beliebt im Kleinbasel, bei seinen Patienten, insbesondere bei den Kindern, weil er die Begabung hatte, ihnen mit dem ihm eigenen speziellen Humor die Angst vor den kalten Apparaten in den «dunkelgefährlichen» Röntgenräumen zu nehmen.

Als «Eingeborener» griff er beherzt zu, als 1974 die jahrhundertealte Liegenschaft Rheingasse 45 zum Abbruch feilgeboten wurde und erweckte darin die lange Jahre zuvor geschlossen gewesene Quartierbeiz «Fischerstube» zu neuem Leben. Bei den Renovationsarbeiten kamen sogar Grundmauern eines römischens Kastells zum Vorschein.

Doch Nidecker erwarb sich einen ungleich populäreren Ruf, als er sich mit dem damals rigide festgesetzten Bierkartell anlegte und statt Kartelldiktatur anzunehmen, kurzentschlossen sein eigenes Bier zu brauen begann, indem er Anton Welti als Braumeister engagierte. Der Erfolg war durchschlagend - inzwischen ist das Bierkartell schon lange gefallen -, aber das Ueli-Bier hat sich bis heute als Kleinbrauerei erhalten. Zweck war für Nidecker aber von allem Anfang an, mit dem Bier- und Wirtsgeschäft die Pacht- und Mietzinsen in der Liegenschaft tief und für langjährige Mieter erschwinglich zu halten - bis auf den heutigen Tag! Hans Jakob Nidecker starb 2005 als 85-Jähriger.

Inzwischen führt die Familie die Brauerei weiter. Zur «Fischerstube» gehört auch die historische Nachbarliegenschaft mit der Wirtschaft «Linde», die wie die «Fischerstube» von der Familie in Pacht gegeben worden ist. Zur Familie gehören nicht nur Aerzte, sondern auch Musiker und Mitbegründer von «basel sinfonietta». Anita Treml Nidecker, die Schwiegertochter des verstorbenen Gründers, ist Geschäftsführerin der Brauerei. Aus ihrer «Küche» also stammen die kreativen Bier-Ideen seit dem «Tut-Anch-Ueli»-Bier von 2004.



Anita Treml Nidecker bei der Präsentation der «Van-Ueli-Bier»-Gamme. Im Hintergrund das Schaufenster mit Sicht zur Kleinbrauerei der «Fischerstube». Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


Bemerkenswert auch die professionelle Präsentation von Frau Treml an der «Van-Ueli-Bier»-Vernissage. Mit dem «Van-Ueli-Bier» wollte sie nicht nur mit einer Etikette (vom Grafiker Rolf Dinkel entworfen), sondern auch mit einem Bierrezept und dessen Rohstoff einen Bezug zum kommenden Kunstereignis schaffen. Immerhin sei die Farbe trefflich gelungen, bestätigte Bernhard Mendes Bürgin, Direktor des Kunstmuseums Basel, der an der Kredenzung des «Van-Ueli-Biers» als Referent mit eingeladen war. Bürgin zitierte aus einem Brief, den Vincent an seinen Bruder Theo richtete, worin der Künstler schrieb: «Ein gutes Bier kann einen vom Selbstmord abhalten…» Hat es ihn zwar nicht, wissen wir alle aus der Geschichte, aber Bürgi präzisierte, dass Vincent damals schweres belgisches, dunkles Bier trank…

Übrigens, was Bierkünstler Welti auch noch sagte: «Sein» Vincent gewidmetes Bier, respektive die darin enthaltenen Essenzen seien - vorausgesetzt mit Mass getrunken - ein hervorragendes Mittel gegen das «Burn-out-Syndrom», also der Krankheit der psychischen Verausgabung. Darum dürfte denn auch der Besuch der Van-Gogh-Ausstellung und dem Schluck aus einer Flasche «Van-Ueli-Bier» hinterher das probate Mittel sein, Krankmacher wie UBS, Aktienkurse, Krankenkassen-Prämienaufschläge, Abzocker, Boni, Milliarden und Billionen und was auch immer, mal so ziemlich dem Vergessen anheimzustellen.

Bleibt noch eine Antwort auf eine wichtige Frage: Was kostet das nach speziellem Rezept von Anton Welti gebraute «Van-Ueli-Bier»? In der Beiz: mindestens 6 Franken das Fläschchen zu 33 cl. Im Verkauf im Handel je 33-cl-Fläschchen zwischen 2.40 und 2.80 Franken.



Rheingasse Basel mit Restaurant «Fischerstube» und «Ueli-Brauerei». Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009




Schaukasten in der «Fischerstube», wo man das «Van-Ueli-Bier» und «Van-Ueli-Gläser» erstehen kann. Ebenso in der Beiz des Kunstmuseums und an anderen Orten.




Witzig: Das «Ueli-Bier»-Logo hat Grafiker Rolf Dinkel für das «Van-Ueli-Bier» leicht «vangogisch» aufdatiert…


Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Link zum telebasel-Archiv mit Reportage Welti

• Über Hans Jakob Nidecker und die Fischerstube

• Mehr zum «Van-Ueli-Bier»

• Homepage Ueli-Bier und Bezugsadressen


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