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Artikel vom 07.01.2005

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Wissenswertes

Weder Heilige noch Könige

Etwas Besserwisserei zum «Dreikönigstag»: Die «Gebeine» der «heiligen» drei «Könige» liegen im Kölner Dom

Von Redaktion



Cartoon: «Hinter der nächsten Düne versuchen wir, ihn abzuhängen - weitersagen!», flüstert ausgerechnet Caspar wegen des hinterherfeixenden «Hanswurstes» den anderen «Heiligen» zu: Denn gerade Caspar wird Ende des 19. Jahrhunderts den überlebten «Hanswurst» ersetzen und damit künftighin die Rolle des Kasperles einnehmen…



Wilhelm Tell ist eine (gut) erfundene Sagenfigur. Das wissen mittlerweile alle Schweizer Schulkinder und sogar die Schweizerische Volkspartei (SVP), obwohl sie es gerne anders hätte. Auch die «heiligen» drei Könige sind Sagenfiguren, oder richtiger: Legendenfiguren. Und eben: «heilig» sind sie nicht, denn heilig gesprochen wurden sie nie. Caspar hingegen lebt als Käsperli im Käsperlitheater für Kinder weiter. Warum, lesen Sie hier.

--Von Padre Canus de Canisac__

Die «Heiligen drei Könige», deren angebliche Gebeine im Kölner Dom ruhen, sind strikt gesehen keine Heiligen: ein Heiliger oder eine Heilige muss von der katholischen Kirche in einem eigenen Verfahren dazu erhoben werden, und ein solches Verfahren hat es für die «Heiligen Drei Könige» nie gegeben.

Nicht «Könige» - eher Bettler und Schnorrer…

Auch Könige sind die Herren Kaspar, Balthasar und Melchior nie gewesen - in der Bibel ist nur von «Weisen», «Magiern» bzw. «Sterndeutern» die Rede. Und auch die Namen selber sind erfunden - sie werden in der Bibel nirgendwo erwähnt.

Zum ersten Mal ist in einer um 500 nach Christus in armenischer Sprache abgefassten Kindheitsgeschichte Jesu von den drei Königen Melkon von Persien, Gaspar von Indien und Baltassar von Arabien die Rede, vorher nicht. Der Evangelist Matthäus, der als einziger im Neuen Testament von der Anbetung berichtet, erwähnt mit keiner Silbe, wie die Anbeter heissen, oder wieviele es überhaupt waren.

Mythologie und irrige Übersetzungen

Dass es drei gewesen seien, wurde aus den drei Gaben - Weihrauch, Myrrhe, Gold - nicht ganz wasserdicht zurückgeschlossen (oder man hat die in der christlichen Mythologie so wichtige Zahl Drei auf die Anbetung im Stall zu Bethlehem übertragen).

Zu Königen wurden die Sterndeuter erst in nachträglichen Interpretationen, wohl wegen einer missverständlichen Übersetzung von «Magier» («König» meinte zu Zeiten Jesu etwas ganz anderes als im Mittelalter, nämlich weit weniger: fast jeder Vasall der Römer war damals ein «König») oder aber aufgrund einer Prophezeiung aus dem Alten Testament, wo es heisst: «Die Könige von Tarsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen…».



Schrein der «Heiligen Drei Könige» im Kölner Dom, worin sich wohl kaum die Knochen dieser Legendenfiguren befinden.



Nach Köln kamen die Könige bzw. deren Gebeine im Jahr 1158 auf Veranlassung des Reichskanzlers und Kölner Erzbischofs Rainald von Dassel; er hatte sie einem Reliquienhändler in Mailand abgekauft, vielleicht sich auch von den Bürgern der Stadt Mailand schenken lassen - die näheren Umstände sind nicht genau geklärt.

Die Mailänder hatten die Reliquien angeblich Ende des 4. Jahrhunderts selbst als ein Geschenk erhalten, und zwar vom Kaiser aus Byzanz, wohin wiederum sie aus Palästina gekommen sein sollen, wo sie die Mutter des Kaisers bei einer Pilgerfahrt gefunden haben will.

Legenden sind weder logisch noch biologisch…

Aber was tun die Gebeine der Sterndeuter in Palästina? So heisst es etwa in der Bibel, die Weisen seien nach Anbetung in ihre Heimat, wahrscheinlich das Zweistromland Mesopotamien, zurückgekehrt, so dass dort auch ihre Knochen liegen - logisch-biologisch…

Und auch die Überführung von Konstantinopel nach Mailand ist nur in einer postumen Biographie eines Mailänder Bischofs erwähnt, der «Vita Eutorgii», die mehrere hundert Jahre später ausgerechnet in Köln entstand.



Detail-Ansicht des Dreikönigs-Schreins im Kölner Dom mit dem Sujet der Anbetung.



Vermutlich hat also Rainald von Dassel als rechte Hand des Deutschen Kaisers (Friedrich I. Barbarossa), diese Legende einfach politisch ausgenützt, um im damaligen Streit zwischen Papst und Kaiser seinem Herrn, dem Kaiser, einen Vorteil zu verschaffen: die Könige, also die weltlichen Herrscher, waren die ersten, die das Christkind anbeteten, und haben deshalb, so die Logik Dassels, Vorrecht vor dem Papst. Daher ist auch klar, warum die Partei des Papstes keine Eile hatte, durch eine Heiligsprechung diese Sicht der Dinge zu befördern.

Der Beliebteste ist der Mohr

Nichtsdestotrotz und heilig oder unheilig, König oder Bettler hin oder her: Die «Heiligen Drei Könige» sind im Laufe der Jahrhunderte zumindest vom Volk «heilig» gesprochen und beliebt gemacht geworden. Die populärste Figur aber von den drei Burschen ist zweifelsohne der «schwarze Kaspar aus dem Mohrenland».

Er ist der Wortführer des (katholischen) Brauchs der «Sternsinger», die da ihren alten Spruch verkünden : «Wir Heiligen Drei Könige mit dem goldenen Stern, wir essen und trinken und zahlen nicht gern.» Das Volk fragt sie : «Ihr Heiligen Drei Könige, wo wollet ihr hin?» und sie antworten : «Nach Bethlehem steht unser Sinn».

Kasperli…

Kaspar, dessen Name persisch sein soll und soviel wie «der Glänzende» oder auch «Schatzmeister» bedeuten soll, ist es, der dem Christuskinde das Gold darbringt. Wegen dieser Eigenschaft ist er sowohl als Vorname, wie auch als Familienname im deutschsprachigen Raum eingedrungen.



Caspar aus dem Mohrenlande ist in Deutschland zum Kasperle geworden; in der Schweiz heisst er Käsperli und im Elsass Kaschperle. Er ist das Sinnbild des halbwüchsigen Luftikus - stets unheilvoll schwankend zwischen Pflicht und Spass, aber ein guter Kerl und der Liebling der Kinder. Wenn da nur der «Spezi» nicht wäre…



Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus dem ehrwürdigen Mohrenkönig aber auch die groteske Figur des «Kasperletheaters». Weil der Kaspar schwarz ist, wurde er in manchen Gegenden sogar zum Teufel gemacht. Im 18. Jahrhundert brachte der Schauspieler Laroche in Wien den «Heiligen König» sogar als «Kasperl» auf die Bühne und ließ ihn an die Stelle des überlebten «Hanswurst» treten.



Besonders Kinder wollen als König oder Königin die Welt regieren, für einen Tag die Eltern und Geschwister herumdirigieren. Doch auch ungekrönte Familienmitglieder freuts, denn der Dreikönigskuchen ist ein köstliches Hefegebäck, hergestellt aus Mehl, Zucker, Sultaninen, Butter, Eiern, Mandeln, Salz, Milch und etwas Zitronenschale. Foto: Migros Schweiz



Lit.: Gerhard Prause: Tratschkes Lexikon für Besserwisser, München 1986 (besonders der Abschnitt «Drei Könige»; Konradin Ferrari d´Occhieppo: Der Stern von Bethlehem in astronomischer Sicht, Giessen 1994 (besonders der Abschnitt «Über die Magier» auf den Seiten 133 ff.).

Quelle des Zitats: Walter Krämer, Götz Trenkler: Lexikon der populären Irrtümer: 500 kapitale Missverständnisse, Vorurteile und Denkfehler von Abendrot bis Zeppelin. Eichborn-Verlag, Frankfurt, 1996. 8. Aufl., S. 140 f.

Von Redaktion

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Mehr zum Brauchtum und zu dessen Geschichte

• Die Heiligen Drei Könige und der Kasperli


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