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Artikel vom 06.03.2007

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Im Fokus der Autoren

Philosophie des Fatalismus

Wer Erfolg hat, hat recht - mag die Welt dabei auch vor die Hunde gehen

Von Mitch Reusdal



Die eine Seite der olympischen Medaille zeigt leichtbekleidete Chinesinnen bei einem Fernsehauftritt westlicher Art…


Manchmal ist es schwierig, die Erscheinungen der Welt unter einen Hut zu bringen. Die Unübersichtlichkeit ist die einzige klare Aussage, die man machen kann.



…die verdeckte Seite ist Kinderarbeit, Siebentagewoche, bedenkloser Umgang mit der Umwelt, schamlose Ausbeutung. Bild: Spielzeug-«Fabrik» in China.


Der irakische Diktator Saddam Hussein ist mit dem Ausruf «Allah akbar» auf den Lippen auf die Falltüre am Galgen getreten. Seine religiöse Überzeugung hat ihn nicht gehindert, 180‘000 Kurden auszurotten und sein Volk im Dienst der USA und deren Politik gegen Iran zu verheizen.

George W. Bushs Krieg gegen die fabulierten Massenvernichtungswaffen des irakischen Diktators war als Feld- und Kreuzzug gegen das Böse deklariert, also ein religiös motivierter Krieg. In Wirklichkeit galt er dem irakischen Erdöl. Das ist eine dreifache Verfälschung der Argumente.

Georg W. Bush wird zu recht kritisiert. Aber was ist eigentlich mit unserem Freund Wladimir Putin? Er scheint gegenwärtig im Begriff zu sein, Russland in eine demokratisch drapierte Diktatur umzuwandeln. Die Opposition wird erbarmungslos zusammengeknüppelt, NGOs werden verboten, Tschetschenien ist auf dem Weg in ein russisches Protektorat, die Welt (oder der Westen) wird mit russischem Gasprom-Erdgas erpresst.

Was haben China und der Sport miteinander zu tun?

In China werden die Menschen wie Sklaven ausgebeutet, um für den Westen billige Computer, Textilien und andere nützliche Waren herzustellen. Kinderarbeit, schlecht bezahlte Arbeit, fehlende Arbeitsrechte, keine Rücksicht auf die Umwelt, was ist das für eine Welt? Und im Namen des sportlichen Erfolgs werden Kinder zu Athletenmaschinen umgerüstet. Fernsehberichte haben in der Vergangenheit für beide Behauptungen die Bestätigung geliefert.

Im Westen führt der Sport nicht so weit. Es gibt die üblichen Krawalle, das ist Teil des Spektakels. Es lebe die Privatinitiative. Aber die Hauptsache ist Siegen, wenn man bedenkt, wieviel Kapital im Sport investiert ist. Da lohnen sich Korruption und Betrug, wie zum Beispiel die regelmässig aufgedeckten Schiedsrichterbestechungen und so weiter zeigen.

Worum geht es hier eigentlich? Was hat der Sport bei uns mit China zu tun oder China mit dem Sport bei uns? Die Frage ist durchaus berechtigt. Ich weiss es auch nicht. Wenn man alles zusammenzählt, kommt man auf keinen sinnvollen Nenner. Genau das ist das Unglaubliche.

Jede Aussage wird durch eine andere widerlegt

Die Ungereimtheiten nehmen von Tag zu Tag zu, und die Unübersichtlichkeit der Lage ist die einzige klare Aussage, die man heute machen kann. Jede Aussage wird durch eine andere widerlegt – oder noch haushoch übertroffen, wie man es nimmt.

Auf jeden Einwand kommt ein Gegeneinwand. Die Lüge lässt sich von der Wahrheit kaum unterscheiden.

Herr Schröder, ehemaliger deutscher Bundeskanzler, reitet eine Attacke auf die Atomenergie. Sehr gut, würde man sagen, wenn er nicht Verkäufer von Gasprom wäre. Frau Merkel, seine Nachfolgerin, spricht am Davoser Plaudertaschentreffen über Nachhaltigkeit und gibt den deutschen Automobilbauern (nicht Landwirten, sondern Herstellern) Rückendeckung, wenn die EU-Kommission die CO2-Belastung senken will.

Aber das will sowieso niemand, in Deutschland nicht und in Amerika, Russland, China nicht. Ausser ein paar verbohrten Idealisten. Was soll das denn? Es geht uns doch gut. Oder wollen Sie Arbeitsplätze gefährden und die Welt ins Elend stürzen? Hallo, ja bitte, machen Sie mein Reitpferd auf halb zwölf Uhr bereit.

Die Welt braucht eine neue Revolution

Erfolg ist alles. Er rechtfertigt alles. Wer Erfolg hat, hat recht. Das ist die Philosophie des Fatalismus. Der Wirtschaftsaufschwung ist eine Sache der Ausbeutung. Wie man in China sehr schön sehen kann. Die Umweltschäden gehen in die Milliarden. Aber die Presseunfreiheit deckt alles zu. Unpatriotisches Verhalten wird streng bestraft. Amerika, Russland, China brauchen eigentlich eine neue Revolution. Die alte ist aufgebraucht, die schönen Zeiten sind vorbei.

Wir in der Schweiz könnten dann auf den Zug aufspringen und mitfahren. Es würde gar nichts schaden. Wir würden unsere Neutralität bewahren und erst noch, wie es unsere Art ist, davon profitieren.

Von Mitch Reusdal


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