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Artikel vom 02.05.2005

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Reusdal meint

«Unverzichtbare Dreckarbeit»

Die Kreuzzüge der SVP gehen auf Kosten der Glaubwürdigkeit ihrer Argumente

Von Mitch Reusdal



Verzerrtes Gesicht - verzerrte Argumentation: Ausschnitt aus dem Abstimmungs-Flugblatt der SVP.



Die SVP bekämpft den Asylmissbrauch. Sie ist die einzige Partei, die bereit ist, die Dreckarbeit zu leisten, die niemand sonst übernimmt. Sie geht dabei auf eine dermassen konsequente, schon fast rabiate Weise vor, dass sie nicht merkt, wie sie sich in ihren eigenen Widersprüchen verheddert.

Das eine tun heisst für sie nicht, das andere zu lassen. Sie ist nämlich dringend auf den Asylmissbrauch angewiesen, um ihn bekämpfen zu können. Um überhaupt etwas zu haben, das sie bekämpfen kann, weil sie ohne Feindbild nackt dastehen würde.

Die offizielle Schweiz will dem Abkommen, das unter der Bezeichnung «Schengen-Dublin» bekannt ist, beitreten, in Erwägung, dass die Zusammenarbeit im Asylbereich auf eine europäische Grundlage gestellt wird. Wer einmal in einem EU-Land einen Asylantrag gestellt hat, der abgelehnt wurde, kann dann in keinem anderen Land ein zweites Gesuch mehr stellen. Also auch nicht in der Schweiz. Also ein eindeutiger Vorteil. Er würde dem «Asyl-Tourismus» einen Riegel schieben.

Warum eigentlich? Weil... Weil...

Und was macht die SVP? Sie wehrt sich in grellen und kreischenden Inseraten dagegen, dass die Schweiz dem Abkommen beitritt. Weil... Weil... Schwer zu sagen warum. Weil «wir» dann angeblich «weniger verdienen», weil Sicherheit und Arbeit verloren gehen, mehr Gewalt droht, mehr Illegale kommen, und so weiter, und so fort.

Was hätte die SVP noch zu reklamieren, wenn ihr die missbräuchlich Asylsuchenden fehlten? Also «Nein zu Schengen», damit ihr noch etwas zum Wettern bleibt.

Ist das konsequent? Ganz und gar nicht. Oder nur dann, wenn man sich an die verdrehte SVP-Logik hält: Wir sind gegen die Misstände, aber wir lassen sie uns deshalb nicht nehmen.


Die Linke musste mit der Kröte fertig werden, dass das Schengen-Dublin-Abkommen zu einer von ihr abgelehnten «Festung Europa» führen wird, aber bei Abwägen der Vor- und Nachteile kam sie zum Schluss, dass das kleinere Übel für sie in einem «Ja zu Schengen» liegt. Sie musste also in gewisser Weise gegen ihre Überzeugungen handeln.

Anders die SVP. Die Unabhängigkeit der Schweiz – dieses Schlagwort, mit dem sie Wind und Wetter trotzt – würde in ihren Augen mit Schengen-Dublin ein Stückchen weit preisgegeben, weil die Binnengrenzen im EU-Raum ohne Personenkontrollen überschritten werden können.

Die angebliche Unabhängigkeit der Schweiz

Das Argument der Unabhänbgigkeit ist aber so hinfällig wie eine BSE-infizierte Kuh. Die Schweiz ist seit langem schon in das europäische «System» integriert und von den Beschlüssen der EU abhängig. Nur zu sagen hat sie dazu nichts. Das will die SVP nicht wahrhaben, weil ihr der Politfolklore-Park eine existenzsichernde Grundlage bietet. Kein Wort darüber, dass die Asylsuchenden ja erst einmal über die äussere Grenze in den EU-Raum gelangen müssten, bevor sie die Binnengrenze zur Schweiz überschreiten können.

Die angebliche helvetische Unabhängigkeit würde der Schweiz also genau jene Misstände bescheren, vor denen sie sich unter Berufung auf diese Unabhängigkeit gerade schützen will.

Verkehrter geht es nicht. Aber darauf muss man zuerst kommen. Oder man muss im Gegenteil unbedingt verhindern, dass man darauf kommt, zum Beispiel dadurch, dass man das Schreckgespenst der drohenden Abhängigkeit an die Wand und auf die Plakatwände malt. Hu! Hu! Hu!

Von Mitch Reusdal


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