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Artikel vom 04.11.2009

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Ottokars Cinétips

Verbotene Liebe

Nach «Pleasent Days» (preisgekrönt 2002 in Locarno) und «Johanna» (preisgekrönt 2006 in Cannes) kommt jetzt mit «Delta» der neueste Film des jungen ungarischen Filmemachers Kornel Mundruczo in die Kinos

Von Ottokar Schnepf



«Delta» erzählt vor dem Hintergrund einer wunderschönen Naturlandschaft die berührende Geschichte eines jungen Paares, das sich des Inzests schuldig macht - und stellt die Frage, wie weit eine Gesellschaft bereit ist, die Freiheit eines Einzelnen zu tolerieren.


Ein junger Mann kehrt zurück an den von der Welt abgeschiedenen Ort, der einst seine Heimat war, und bricht damit die Vorhersage: Wer hier weggeht, kommt nie mehr zurück! Doch er möchte in der vor Jahren verlassenen Einöde eine neue Existenz aufbauen.

Neben seiner Mutter, die mit einem neuen Mann eine schäbige Bar führt, trifft er auf seine jüngere Schwester, die er nie kennengelernt hat. Sie ist die einzige neben den ihm eher feindselig gegenüberstehenden Dorfbewohner, die zu ihm steht und tatkräftig hilft ein Holzhaus am Rande des Flusses zu bauen. Es soll ihr neues gemeinschaftliches Heim werden.

Nicht nur das beobachten die Einheimischen mit Missbilligung; sie verhindern mit roher Gewalt die sich langsam anbahnende Liebesbeziehung der Geschwister: Es kann nicht sein, was nicht sein darf!

Inzest ist bis heute das vielleicht grösste Tabu jeder Gesellschaft. Das macht dieses Thema gleichermassen skandalös und faszinierend. Es ist in der Literatur sowie im Film oft behandelt worden. Vilgot Sjömans «Geschwisterbett» war 1965 eine der ersten Kinoadaptionen einer Buchvorlage über eine verbotene Liebe zwischen Bruder und Schwester im Zeitkostüm des Rokoko.

In vielen Pornos und anderen Schrottfilmen wurde danach der Inzest förmlich ausgeschlachtet. Eine lobenswerte Ausnahme ist der 1992 von Andrew Birkin entstandene «Zementgarten» nach dem gleichnamigen Roman von Ian McvEwan, eine düstere Geschichte um die Qualen des Erwachsenwerdens und übersteigerte Geschwisterliebe.

Was «Delta» aber ganz speziell auszeichnet, ist wie Kornel Mundruczos den richtigen Ton dieses schwierigen Themas trifft und die unvergessliche Geschichte so sensibel inszeniert, dass sie unter die Haut geht. Nicht zuletzt auch aufgrund der Kameraarbeit Matyas Erdelys besticht der Film durch atmosphärische und poetische Dichte.

Den beiden Hauptdarstellern Felix Lajko und Orsi Toth gibt Mundruczos weder eine soziale oder psychologische Motivation für ihr Handeln; es geht ihm um die komplette Darstellung des Individuums. Was die beiden mit Bravour schaffen.

«Delta» erzählt von der Freiheit etwas zu tun, von dessen Richtigkeit man überzeugt ist.

Von Ottokar Schnepf


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