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Artikel vom 04.05.2009

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J.-P. Lienhards Lupe

Rauchverbot - Toleranz?

Unsere Gesellschaft ist eine «ungehorsame» - und das ist absolut recht so, denn wir sind keine Untertanen (mehr) - aber sind wir aufgeklärt?

Von Jürg-Peter Lienhard



Bild ohne Worte. Die Zigaretten hat jemand bei mir vergessen; sie sind 3 Jahre alt. Der Totenschädel ist 623 Jahre alt; er gehörte einem Mann, der aber weder am Rauchen noch an einem Hundebandwurm starb, sondern an einem kräftigen Hieb von einem Morgenstern - wahrscheinlich von einem eidgenössischen… Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


Die Anthropologin Lucia Bürli vom Basler Naturhistorischen Museum fand an einem 700 Jahre alten Skelett aus dem Friedhof der Barfüsserkirche (heute das historische Museum der Stadt) einen «wachteleigrossen» Kalkknollen, eine von einem Hundebandwurm erzeugte Zyste. Noch heute können Menschen in unserer Gesellschaft von Bandwürmern befallen werden und darauf an «Auszehrung» erkranken, weil sie einen streunenden Hund besitzen oder Beefsteak Tartar schlemmen. Doch diese Risiken des menschlichen Lebens haben sich heutzutage wesentlich vermindert. Nicht aber jene des Rauchens. Was ein Bandwurm und eine Zigarette gemeinsam haben, können Sie nachfolgenden Überlegungen entnehmen.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das hat und hatte seine Vorteile fürs Überleben der Spezie. So konnte er früher, als er noch auf den Bäumen hauste, seine Notdurft einfach - pffft - aus dem Nest fallen lassen. Und heute, wo er am Boden hockt und haust? Öffentliche Toiletten geben Zeugnis davon, oder das Drämmli und die Trottoirs, wo einfach alles fallengelassen wird, was eben der Baumbewohner-Gewohnheit entspricht.

Mit anderen Worten: menschliche Gewohnheiten abgewöhnen zu wollen, ist widernatürlich! Nur: gewisse natürliche Gewohnheiten gefährden die Zivilisation, den Frieden im Rudel und damit den Fortbestand der Spezie. Darum hat die «Gesellschaft» Regeln aufgestellt und setzt sie mit Gewalt durch, denn anders als mit Gewalt kann man leider tierische Gewohnheiten, die die Gemeinschaft gefährden, nicht bekämpfen: Die Notdurft so fallenzulassen, wie sie einem gerade passt (oder pisst), dem Nachbarn den Schädel einzuschlagen, wenn man sein Weib oder sein Fressen begehrt - zum Beispiel.

Sie finden obgenannte Beispiele grotesk verzerrt? Wie ist es denn mit dem Rauchen? Kommen wir zurück auf die Entdeckung der Anthropologin Bürli: Vor 700 Jahren lebten die Menschen mit Hund und Schwein im selben Nest. Hätte man damals den Leuten gesagt, sie sollten einen separaten Saustall bauen und den Hund nicht aus demselben Teller fressen zu lassen, wie man selber, wie hätten die damals reagiert?

Mit Hohngelächter, wenn sie nicht gar zur Hellebarde und Morgenstern gegriffen hätten. Wenn man mit Rauchern aufs am 17. Mai 2009 anstehende Rauchverbot im Baselbiet zu sprechen kommt, erntet man nicht nur Hohngelächter, sondern riskiert gar die Faust aufs Auge. Nur so wenig weit «fortgeschritten» ist unsere Meinungsäusserungsfreiheit seit 700 Jahren: Eine schlechte Gewohnheit wird so verteidigt, als ginge es «ums Leben»…

Tatsächlich geht es ums Leben - steht sogar auf jeder Tubakschachtel: «Rauchen ist tödlich»; das «kann» ist längst verschwunden. Zurecht, denn die Gefährdung ist da, und der Aufschlag der nächsten Krankenkassenprämie auch!

Also, was solls: Aufhören mit Rauchen hat mit Aufklärung zu tun und nicht mit «Freiheit». Wir wissen alle, insbesondere die Raucher, dass Rauchen schädlich ist, sehr schädlich sogar, enorm schädlich - zumal tödlich. Wer diese Erkenntnis mit «Freiheit» verleugnet, tut ebenso schizophren wie Emanzen, die das «Fräulein» abschafften, statt die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau, zwischen Fräulein und Jüngling. Oder wie die Gutmenschen, die den «Neger» und sogar den «Mohrenkopf» im Wörterbuch der fünfziger Jahre herausreissen, statt gegen die ultrarechte israelische Politik Liebermanns deutliche Worte zu äussern (und sich des unberechtigten Vorwurfs des Antisemitismus gefallen zu lassen).

Aber hols der Gugger, die Macht der Gewohnheit, die stärkste Macht seit den Anfängen des Menschenvolkes, zwingt noch heute zu «Kompromissen» selbst dann, wenns um Leben und Tod geht: Statt aufhören zu Rauchen (und dabei erst noch viel Geld sparen), wird Zeit, Geld und Lüge investiert, um die Vernunft und die Aufklärung auszutricksen. Im «Land der Aufklärung», Frankreich, jedenfalls ist Rauchen in öffentlichen Lokalen schon seit geraumer Zeit verboten - in dem Land, wo man «Bébél» ohne «Gauloise» sich nicht vorstellen konnte, wo überhaupt «Gauloises» so etwas wie «Kultur» bedeuteten…

Wie sagte mal der Schweizer Schriftsteller, Aargauer in Basel, Hansjörg Schneider, mal zu mir, als er sich einen Glimmstengel ins Gesicht steckte: «Wir leben in einer schizophrenen Welt!» Schizophrenie, steht im medizinischen Lexikon «Pschyrebembel», ist eine «schwere Geisteskrankheit». Gehören Sie zu den Geisteskranken, falls Sie im Baselbiet wohnen und am 17. Mai 2009 den Stimmzettel entsprechend (falsch) ausgefüllt in die Urne werfen?


Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Studie bestätigt: Raucher leben kürzer


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