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Artikel vom 13.04.2004

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Gut gebrüllt, Löwe!

Ein klares Wort an die Adresse der Basler Zeitung-Chefredaktion aus der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion Baselland

Von Redaktion

LIESTAL.- Unter dem Titel «Mehr als 20 Minuten sind Pflicht!» äussert sich der basellandschaftliche Kulturbeauftragte, Niggi Ullrich, in der neusten Amts-Gazette «kulturelles.bl» (2/2004) erstaunlich deutlich zur internen Neuausrichtung der BaZ-Chefredaktion im Umgang mit Presse-Einladungen.

Weil da mal einer aus der kantonalen Verwaltung aufsteht und ungewöhnlich Klartext spricht - unbesehen seiner verletzlichen amtlichen Position («Hier steh‘ ich und kann nicht anders!») - wollen wir den Lesern des webjournals.ch den mutigen Kommentar aus der praktisch nur an die Presse gelangten Medienmitteilung zur bedenkenswerten Lektüre empfehlen:


«Mehr als 20 Minuten sind Pflicht!

Ganz neue Töne vernehmen wir aus der frisch gekürten Chefredaktion der Basler Zeitung. Und wir hegen keinen Zweifel daran, dass diese Töne auch jene mediale Musik komponieren werden, an die wir uns wohl oder übel gewöhnen müssen. Den einzelnen Redaktions-Ressorts wird verordnet, sie mögen ihre künftige Themenwahl strikt auf ihre «Kunden» ausrichten. Einladungen zu Medienkonferenzen sind - wenn überhaupt - nur im Notfall, aber in jedem Fall betont widerwillig, Folge zu leisten. Medienbulletins gehören grundsätzlich in den Papierkorb, weil deren Abdruck - ob kommentiert oder nicht - Ausdruck einer etwas in die Jahre gekommenen Hofberichterstattung ist. Punktum.

Wir vernehmen dieses publizistische Credo mit Überraschung, aber wir verwehren uns dagegen, dass wir dieses auch gleich noch mit Fassung tragen sollen. Schon die neue Konzeption der Kulturberichterstattung in der Basler Zeitung, welche Kunst und Kultur, Mode und Design, Rock und Hype, ob in New York oder in Bubendorf, ob Analyse oder Anschauung, bunt durcheinander reduziert, vermixt und damit gleichschaltet, hat uns ziemlich verärgert.

Nicht genug damit! Einseitig wird von höchster publizistischer Warte aus eine Art Kommunikationsabbruch verfügt. Die vielen Leitungen, über die Fragen, Wünsche, Anregungen, Widersprüche und Widerstände der Akteure im kulturellen Kreislauf ausgetauscht wurden, werden gekappt. Eine Art «no-comment-Kultur» wird installiert. Maximale 20 Minuten sind genug. Ob das gut geht? Wir wagen den leisen Zweifel... und erwägen klammheimlich Gegenmassnahmen.

Ab sofort planen wir die Löschung unserer Medienkartei auf der Festplatte. So entsteht megaschwerer Platz für den Aufbau und die Pflege einer elektronischen Adressenzentrale als Basis für einen neuen Newsletter. Künftig erfahren kulturinteressierte Bürger/innen online, welche kulturpolitischen Entscheidungen und Prioritäten anstehen. Auf Inserate für unsere Kulturveranstaltungen verzichten wir künftig. So werden Mittel frei, um im persönlich adressierten Directmailing-Verfahren unser Publikum auf dem bilateralen Weg zu erreichen. Und das Geld für die Medienapéros und -tickets heben wir uns auf für das eine oder andere Stelldichein im Rahmen von öffentlichen Diskussionsveranstaltungen.

Nicht dass wir von solcherlei Massnahmen entzückt wären. Im Gegenteil. Aber wenn ein wichtiger Partner - die Medien - sich aus dem kulturellen Diskussions- und Diskurskreislauf ausklinken will, dann kann uns dies nicht egal sein. Wir erkennen in der Leserschaft der Printmedien nicht einfach nur die Kundinnen und Kunden eines so oder so verkäuflichen Produkts. Sondern wir sehen in ihnen die Bürger/innen, die an öffentlichen, kulturpolitischen Vorgängen interessiert sind und in einen wechselseitigen Dialog einbezogen werden wollen/müssen. Die Medien sind nicht auf das bilaterale Verhältnis zwischen Redaktion und Leserschaft konditioniert, sondern sie sind dem multilateralen Austausch zwischen allen Akteuren im gesellschaftlichen Kreislauf verpflichtet. Sollten sie diese Aufgabe aus so genannten wirtschaftlichen Gründen aufgeben wollen, bringen sie sich um ihren öffentlichen Stellenwert im gesellschaftlichen Kontext. Und dies wäre für das kulturelle und künstlerische Leben in unserer Region fatal.

Niggi Ullrich»

Von Redaktion

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