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Artikel vom 09.02.2007

J.-P. Lienhards Lupe

(Kunst-)Moden und Mödelis

Nicht nur der Heimatschutz ist wegen Kunstmuseum-Glasgemälden befremdet

Von Jürg-Peter Lienhard



Einen neuen Hut aufsetzen ist nicht dasselbe, wie ein Gesicht wegoperieren: Die Glasmalereien am Kunstumuseums-Eingang sind Kunst am Bau, was nun unterbeschäftigte Kulturbeamte hinterrücks demolieren wollen. Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2007


Mit Befremden hat der Heimatschutz Basel Kenntnis vom Vorhaben genommen, drei Glasgemälde aus der Eingangshalle des Kunstmuseum entfernen zu lassen. Sind Basels Kulturbeamte unterbeschäftigt?



Wer ist da nun unterbleuchtet? Die Eingangshalle oder die Kulturbeamten?


Das Basler Kunstmuseum ist ein eigenartiger Klotz, der wie andere Bauten voller Scheusslichkeit - das Arbeitsamt an der Utengasse oder der Spiegelhof - aus der düsteren Vorkriegszeit der 30er-Jahre des vergangenen Jahrunderts stammt und den Beginn der Stadtzerstörung unter dem Diktat der Moden und des spekulativen Zeitgeistes einläutete. Der Basler Kunsthistoriker Wolfgang Bessenich, ehemals Feuilleton-Chef der National-Zeitung (heute baz), kritisierte den Bau des Kunstmuseums auf dem Areal des Württembergerhofes aus architektur-ästhetischer Sicht heftig und engagiert.

Aber er versöhnte sich Anfang der 80er-Jahre mit dem Kolossalgebäude, weil es «zumindest schön altert»… Gemeinhin vergessen ist auch, dass man das neue Kunstmuseum, früher öffentliche Kunstsammlung geheissen, zuerst auf der Schützenmatte erstellen wollte…

So ändern sich die Zeiten, so ändern sich die Geschmäcker. Die Leute von heute und die Kulturbeamten der Stadt haben sowieso nicht mehr wahrgenommen, wo der «Goldene Sternen» stand und das «Aeschentörli», das erst ab 8 Uhr «Stämpfeli» den alten Zeitungshasen vom Aeschenplatz ausschenken durfte.

Wenn man alles modernisieren oder «erhellen» wollte, was Kunstsachverständige als Mittelmass bezeichnen, müsste man fast das ganze Basler Münster abreissen, dieses Flickwerk aus Moden von vielen Jahrhunderten!

Apropos Basler Münster: Darin wurde noch in den siebziger Jahren so herumgepfuscht, dass Denkmalschützer noch heute von «Schändung» sprechen - der damalige Kirchenratspräsident Peter Rotach hat die fragwürdigen Eingriffe in Gräber, notamment in dasjenige von Erasmus von Rotterdam, dem dabei der Kopf zetrümmert wurde, sowie der Einbau eines Stuhlkellers mit Lift (!) sogar aus seiner religions-dogmatischen Sicht ausdrücklich gutgeheissen!

Die «Modernität» ist eben nie modern, sondern vielfach einfach dumm und kenntnislos! Die Kunstmuseum-Glasscheiben mögen Naseweise in die Nähe des Kitsches bringen, wie auch den Drei-Generationen-Brunnen von Alexander Zschokke gleich daneben. Kitsch ist eine Betrachtungsweise, die stets vor dem Vergessen kommt. Am besten vergisst man das Wort Kitsch, wenn man sich an Zeitzeugen vergreifen will, die einmal die Geschmacks-Hitparade anführten. Es könnte den modernen Frevlern in nur wenigen Jahren eben so ergehen, dass man ihre Spuren total tilgen will - zumal sich unsere Zeitwahrnehmung und daher unsere Geschmäcker und Mödeli immer schneller wandeln…





Das Kunstmuseum altert tatsächlich schön - wenigstens nachts, zumal in der Museumsnacht 2007…


Communiqué des Basler Heimatschutz:

«Kunstmuseum und Universität» über dem mittleren Eingang stammt vom Glasmaler Otto Staiger, die beiden seitlichen Glasgemälde «Bildhauerei» und «Malerei» stammen von Charles Hindenlang. Sie wurden 1936 aus Mitteln des Baukredits für das Kunstmuseum bezahlt und vor der Eröffnung des neuen Hauses angebracht. Sie stimmen in den Proportionen und in der Einbindung in die Portalfront mit der Architektur überein. Thematisch, farblich und sogar in Zitaten bereiten sie auf den Besuch des Kunstmuseums vor.

Kunstgeschichtlich betrachtet, stehen die Glasgemälde der Basler am Beginn einer eigentlichen Renaissance der Glasmalerei, die nicht nur in Basel, sondern auch im Jura und in der Romandie grosse Erfolge bis weit in die 1960er Jahre hinein feiern durfte. Die Glasgemälde von Staiger und Hindenlang gehören genauso zur Architektur wie beispielsweise die Kapitelle der Arkaden und auch zu den Schätzen des Museums wie die in den Galerien hängenden oder in den Archiven lagernden Kunstwerke.

Dass sie nun entfernt werden sollen, ist vollkommen unverständlich. Nicht nur aus kunsthistorischer Sicht würde der Eingangsbereich verlieren. Kunstmuseum und Architekten wollen dem Raum das Sakrale, Mächtige nehmen und einen lichtdurchfluteten, modernen Durchgangsbereich gestalten. Dies kann jedoch kaum mit der einfachen Entfernung der Fenster erreicht werden, denn erstens spricht die Architektur des gesamten Gebäudes dieselbe Sprache und zweitens wird das Entfernen der Glasgemälde kaum bedeutend mehr Licht in die Vorhalle bringen. Vielmehr dürfte eine geschickte Innenbeleuchtung viel vielversprechender sein.

Es war seit Katharina Schmidt die erklärte Intention des Kunstmuseums, beim Umbau und der Renovation des Hauses auf sorgsamste Art und Weise mit der Bausubstanz umzugehen.

Der Heimatschutz Basel bedauert ausserordentlich, dass das Ressort Kultur durch ein Redeverbot an seine Chefbeamten jegliche Diskussionen und Erörterungen dieser Sache in der Öffentlichkeit verunmöglichen will und verlangt trotzdem, dass die drei Glasgemälde an ihrem ursprünglichen Ort verbleiben.

Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

http://www.heimatschutz.ch/basel



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