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Artikel vom 29.11.2005

Basel - Allgemeines

André Muelhaupt gestorben

Eigentlich viel zu jung starb am Samstag, 26. November 2005, der Basler Photograph nach längerer Krankheit

Von Jürg-Peter Lienhard



André Muelhaupt mit seinem berühmten Schmunzeln und mit seinem Fotoapparat, an dem er stets den Markennamen mit schwarzem Isolierband abdeckte: Ein als «Ätsch» gemeinter Seitenhieb gegen Kollegen, die einen Marken-Dünkel haben. Unter uns: es ist eine «Leica»… (Foto freundlicherweise von der baz-Fotoredaktion zur Vergügung gestellt.)



André Muelhaupt war nicht der «typische» Photoreporter, der einfach Bilder zum Dokumentieren schoss. Nein, er hatte etwas mehr Begabung: er war eigentlich ein Künstler. Doch Künstler sein in diesem Bereich ist brotlos, weshalb er eben als Zeitungs-Fotograf sein Talent verschenken musste.

Wenngleich seine Lebenspartnerin sagte, er sei schon länger krank und der Tod die Folge davon gewesen, so wirkte die in der «Basler Zeitung» (baz) vom Dienstag, 29. November 2005, veröffentlichte Nachricht gleichwohl überraschend und machte betroffen: Der Tod eines geschätzten Bekannten zeigt stets, wie wenig man von ihm weiss und plötzlich bedauern muss, dass man sich aus den Augen verloren hat, keine Gelegenheit hatte, in freundschaftlicher Begegnung Abschied zu nehmen.

Es bleibt die Erinnerung, und die ist Trost zugleich. Das von einem «unbekannten» Fotografen aufgenommene Porträt, wie es in der baz und hier veröffentlicht ist, spiegelt André derart authentisch wieder, so wie er sich selbst auch sah: Ein Hauch von Existentialismus à la française. Ich habe ihn immer wie den Fotografen in Antonionis «Blow up» vor Augen gehabt und als einen, dessen Neugier an der Umwelt sich ausdrückte, indem er sie mit dem Mittel des Handwerks Fotografie zu bewältigen versuchte. Ein Künstler eben.

Das Tageshandwerk eines Photoreporters bei einer Zeitung war - so will ich meinen - das falsche Geleise für den Künstler Muelhaupt: Hier waren der Zeitdruck und der Stress bei der Ausführung von Aufträgen zu irgendwelchen «Hundsverlocheten» nicht das geeignete Terrain für einen Fotokünstler. Er, der Kontemplative, der Betrachtende also, der zwei Mal hinschaute, bevor er abdrückte, war auf die Dauer diesem banalen Stress nicht gewachsen. Es mag auch seine Krankheit erklären, von der alle wussten, und der man so hilflos gegenüberstand.

Wann immer man ihn irgendwo zufällig traf, zumal, wenn er nicht einem Auftrag nachjagen musste, so konnte man von ihm Geschichten erzählt bekommen - nicht nur solche im Zusammenhang mit seinen Fotosujets -, und es war stets kurzweilig mit ihm. Er war in seinem Wesen ein typischer «lieber Mensch», der Kollegen gegenüber sehr unkompliziert hilfsbereit sein konnte, wenn mal etwas schief lief und man bei ihm anklopfte. Wegen dieses ellbogende Konkurrenzverhalten vermissenden Zuges, wurde er von oberflächlichen Mitmenschen - stets zu Unrecht - aber doch oft auch in seinem Können unterschätzt.

Ich freue mich, dass André Muelhaupt noch in diesem Frühjahr dem webjournal.ch in Zusammenhang mit Jean-Paul Sartres 100. Geburtstag das Porträt des Philosophen geschenkt hat. Ganz ohne Federlesens kams auf simple Anfrage per Mail herüber. Und rief bei mir die sagenhafte Begegnung in Paris wieder wach, als wir auf der Pirsch nach Sartre waren. Dieses Sartre-Porträt von André Muelhaupt schmückt übrigens in Peking den Arbeitsplatz von Peter Achten, Asien-Korrespondent der SRG und stiller Freund von André Muelhaupt…

Die Trauerfamilie ladet ausdrücklich «alle, die mit uns Abschied nehmen wollen» ein zur Beerdigung von André Mulhaupt am Donnerstag, 1. Dezember 2005, auf dem Friedhof «Am Hörnli» in Basel, Kapelle 4, 14 Uhr

PS: Berufsfotografen nennen sich Photographen und Photoreporter…

Von Jürg-Peter Lienhard

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