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Artikel vom 05.11.2005

Ab Montag, 7. November 2005, 14 Uhr

Pflichttermin am Radio

Kriminalhörspiel nach dem Roman von Hansjörg Schneider - 7. bis 28. November 2005, jeweils montags, 14 bis 15 Uhr auf Radio DRS 1

Von Reinhardt Stumm



Wer ist der Kommissar, wer der Verbrecher? Herrenrunde im Radio-Studio Zürich bei den Aufnahmen zum Schneider-Krimi «Hunkeler macht Sachen». Die Stimmen und ihre Gesichter am Schluss dieser Vorab-Renzension.



Eine Basler Novembergeschichte ab Montag, 7. November 2005, um zwei Uhr nachmittags für eine Stunde auf Radio DRS 1, und dann noch drei weitere Stunden an den drei Montagen danach (für die, die nicht zuhören konnten, gibt es hinterher auch noch ein Hörbuch davon): «Hunkeler macht Sachen» von Hansjörg Schneider.

Es ist Schneiders fünfter Hunkeler-Roman, in dem man wieder von Basler Strassenecke zu Basler Strassenecke hinter einem kaum je aus der Ruhe zu bringenden Kommissar herlaufen kann, der Kürbiskerne gegen Prostataprobleme kauen sollte, der, das findet jedenfalls Elvira Hebeisen vom Bundesarchiv in Bern, wie ein Schwein frisst («Kutteln! Wie kann man sowas Widerliches essen?»), den manche für einen hundskommunen Schroter halten, der lebensgefährliche Schaukelpartien auf seinem Stuhl macht, wenn er nachdenkt.

Dabei ist er eigentlich nur pflichtbewusst, ein bisschen dickköpfig, lässt sich nicht gern dreinreden, hasst den Betrieb ein bisschen - den Apparat, die Polizei, die immer erst eintrudelt, wenn die Ambulanz schon lange da ist, die Kripo -, ohne den Betrieb er aber nicht arbeiten kann, und er ist überhaupt einer, den wir auch dann noch mühelos begreifen, wenn wir ihn nicht mehr ganz verstehen.

Sie haben sich Mühe gegeben in Zürich. Mehr als vierzig Rollen waren zu besetzen - und viele, angefangen bei Hunkeler selber, den Ueli Jäggi spielt, kennen wir, Peter Kner (Erzähler), Jean-Pierre Cornu (Garzoni), Hans Schenker (Casali), Buddy Elias (Stallinger), Hansrudolf Twerenbold (Hasenböhler), Urs Bihler (Füglistaller) - und quer durch die Besetzungsliste bis zu ganz alten Freunden wie Roger Siffer (de Ville), Güschti Vonville, (Bauer) oder Franziska Kohlund (Frau Held).

Das reinste Hörvergnügen

Die Regie hatte Reto Ott. Er hat ein hübsches Stück Arbeit geleistet. Das Zuhören ist ein Vergnügen, ist es freilich auch deshalb, weil niemand durch das Buch gehetzt wird. Hier haben alle Zeit. Gemächlichkeit erscheint als eine Tugend, die den auftretenden Menschen Gelegenheit gibt, zu zeigen, dass sie Menschen sind. Schneider hat alles Recht dazu, um so mehr, als wir beim Zuhören langsam begreifen, dass hier einer schreibt und erzählt, dem immer noch manches an die Nieren geht, was wir gern vergessen haben.

Aber doch, es ist ein Krimi! Eine gut gebaute, hieb- und stichfeste Geschichte, die einem bewährten Muster folgen mag, was sie aber darin einwickelt, hat Hand und Fuss und erinnert uns wieder einmal an das, was wir zum Beispiel bei Hammett und Chandler gelernt haben, dass gute Kriminalliteratur Gewissenskultur ist.

Hörspiel hat (auch wenn hier mit Musik nicht gegeizt wird) ganz entschieden mit gesprochenem Wort zu tun - und das ist in dieser Produktion aus sicherlich plausiblen Gründen etwas unbehaust. Hunkeler ist Basler, seine Kollegen sind Basler, aber das Dialektgefälle ist steil, sie sprechen Hochdeutsch mit der denkbar leichtesten und auch dann nicht immer astreinen helvetischen Färbung. Nur den Zugewandten (Elsässern zum Beispiel) und Zugewanderten (Spanierinnen, Albaner) ist ihre eigene Sprache vergönnt - da wird dann das Zuhören über die sachliche Wahrnehmung hinaus sofort zum reinen (auch durchaus artistisch begründeten) Vergnügen.

Kommissar Hunkelers «Eselsgeduld

Es ist wohl doch eine Entscheidung a priori, welches Mass von Wirklichkeitstreue man anstreben will. Gesprochene Sprache, Jargon, hören wir in dieser Produktion nur manchmal. Das soll heissen, dass sich die Dialoge manchmal ein bisschen gestelzt anhören. Kein Mensch auf der Strasse behandelt den Konjunktiv mit so auffallender Sorgfalt (leider nicht) wie die hier auftretenden Figuren - ein Problem, das die Umsetzung von geschriebener in gesprochene Sprache zwangsläufig mitbringt.

Aber das sollte das Vergnügen nicht mindern. Was im Ohr hängenbleibt, ist Ueli Jäggis Redeweise, so kann ich mir Hunkeler denken, gelassen, bedächtig, gefasst, da könnte sich mancher ein Beispiel dran nehmen! Beneidenswert die Witterung, die ihm manchmal Glück bringt, respektgebietend die Eselsgeduld, diese Dickfelligkeit, wenn er Pech hat. Er kann seinen Job! Seit 32 Jahren, immerhin!


Die Stimmen und ihre Gesichter: Wie die Hörspiel-Schauspieler aussehen, und wie es bei den Aufnahmen zu und her ging - nämlich höchst vergnügt!




Kommissar Hunkeler alias Ueli Jäggi, Schauspieler in der obersten Liga der deutschsprachigen Bühnen und «Banden»-Mitglied des Theaterregisseurs Christoph-Marthaler.




Eine weitere Herrenrunde - Ueli Jäggi, Albert Freuler und Klaus Knuth stellen die Stammtisch-Runde in Schniznach Dorf nach.




Die Elsässerin Huguette Dreikaus aus Strassburg ist eine Bäuerin. In der elsässischsprachigen Abteilung von «Radio-France» ist sie als mundflinke Kabarettistin ein grosser Star.




«Action» mit Faton Topalli (Berisha) und Michael Gempart (Richard).




Alles klar? Oder nicht? Ferruccio Cainero (Vittorio) und Reto Ott (Regie).




Feinarbeit am Mikrophon: Fabian Lehmann (Technik) und Ueli Jäggi.




Radiophone Erotik? Fabienne Hadorn (Angel) und Ueli Jäggi.




Morgenkaffee für eine Nachtszene: Kolumbina Müntener-Vujanovic (Milena), Ueli Jäggi.




Helmut Vogel als belesener Verbrecher Binaku.




Die Frauen-Stimme am Telefon: Charlotte Schwab in der Rolle der Hedwig.




Päivi Stalder und Eva Scheurer.




Jean-Pierre Cornu als Garzoni.




…und natürlich der Autor und Erfinder des Kommissar Hunkelers: Hansjörg Schneider.




Die «Hörspiel-Karriere» von Kommissar Hunkeler begann 1997 im Migros-Restaurant «Burgfelder» (heute geschlossen). Hansjörg Schneider nahm die Idee begeistert auf, den Roman «Silberkiesel» als szenische Lesung für das Burgfelder-Quartier in Basel zu gestalten. Dort, wo Hunkelers «Wirkungsfeld» ist. Die Migros unterstützte die Lesung - unter anderem mit den abgebildeten «Tischreitern», Flugblättern und einer «Finanzspritze». Der Anlass wurde zum Erfolg, und seither schreibt Schneider auch «fürs Ohr».


Von Reinhardt Stumm

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

http://www.webjournal.ch/uploads/pdf/1131149357.pdf

http://www.radiokiosk.ch/drs1/drs1.cfm?cd=CDL1683



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