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Artikel vom 25.11.2010

J.-P. Lienhards Lupe

Ein Wörtlein auch zu Moritz Suter…

Noch ist nicht ganz sicher, ob man beim Thema BaZ zur Tagesordnung übergehen sollte

Von Jürg-Peter Lienhard

Moritz Suter tat genau das, was ein Anführer tun muss, aber was Manager nicht in «Sankt Gallen» lernen tun: Er schüttelte jedem der rund 100 Redaktoren, Journalisten, Reportern, Photographen und Layoutern die Hand, als er am Mittwoch, 24. November 2010, als neuer Boss im vergelsterten Laden am Aeschenplatz eintraf, um der Redaktion zu bestätigen, dass er die Basler Zeitung mit Haut und Haaren, also mit den Bankschulden von 100 Millionen gekauft hatte. Die Meldung in den Medien war von einem spürbaren Aufatmen bei den tonangebenden Baslern und den aufmüpfigen BaZ-Lesern begleitet. Aber schauen wir genauer hin!

Die zweite «Amtshandlung» Suters war zunächst sein Aufruf im Regionaljournal des Deutschweizer Radios, dass nach seiner Intervention es nun am Publikum und an den 18’000 Einschreibern des Internet-Aufrufs von «Rettet Basel!» sei, der BaZ die Stange zu halten, respektive sich dazu zu verwenden neue Abonnenten zu gewinnen, damit die Zeitung den Überlebenskampf bestehe und dabei sogar noch prosperiere.

Eine wunderbare Wende, wenn nicht gar ein Wunder, hat sich bei der BaZ eingestellt, ist man im ersten Augenblick der Überraschung geneigt zu sagen oder zumindest zu denken. Wenn da nicht auch gleich die Frage aufgetaucht wäre, woher der arme Suter das viele Geld für den Schuldentempel BaZ hernahm. Und aufmerksame Zuhörer am Radio wunderten sich sowieso, wie ein seit bald zehn Jahren im arbeitslosen Müssiggang eingelullter Rentner vom Freitag auf den Montag sein Kleinvermögen von bestenfalls acht Millionen für so ein hochriskantes Geschäft aufs Spiel setzen sollte um die BaZ dem Oberfuchs Tettamanti abzukaufen. Für… ja sagen wir, für ein Butterbrot, und dass der Brosz des Tessins sogar noch «einen kleinen Gewinn» aus dem Verkauf der maroden Bude herausholen würde. Das soll mir der Moritz, Sohn des «Cheese»-Freunds Robert, mal auf Heller und Centimes belegen.

Nun ja, hundert Hände schütteln - das ist schon mal ein Pluspunkt, und am Radio sagen, er sei ein Macher und kein Schwätzer, das sind nochmals zwanzig Punkte - von hundert. Es fehlten noch achtzig, abzüglich des Vorschusses, also um wie viel Kredit geht es?

Seien wir nicht kleinlich, kleinlicher als Buchhalter in der Revisionsfirma, die Suter jetzt anstelle Blochers sogenannter Beratungsbude aufbieten muss. Ein ideell fundamentiertes Unternehmen wie eine politische Tageszeitung braucht immer eine Kreditbrücke. Im Falle der BaZ ist dies die öffentliche Meinung, sind es die Abonnenten - aber auch die Inserenten. Nicht zu vergessen sind die tragenden Pfeiler der Zeitung, die Druckereibetriebe - zurzeit eher in der Luft schwebend mit 100 Millionen in der Kreide!

Hanspeter Platz hat am Podium mit Helmut Hubacher in der Stadtbibliothek gemeint - noch in Unkenntnis der sich soeben überstürzenden Ereignisse -, dass er hinter Tettamanti eine Gruppe von anonym bleiben wollenden Investoren vermute, dass der Pulver also nicht von Tettamanti allein stammte (siehe webjournal.ch vom 18.10.2010, Rubrik «Basel - Allgemeines»). Das hat etwas für sich, und angesichts der paar Dollari, die Suters Portefeuille angeblich enthalten, könnte auch Suter nur ein Strohmann dieser unbenannten Investorengruppe sein.

Suter hat nämlich grad eben am Radio erklärt, dass er schon vor sechs Wochen in der Basler Kunsthalle (wo notabene keine Künstler mehr verkehren) mit dem von Tettamanti eingesetzten neuen Chefredaktor Markus Somm eine Suppe auslöffelte. Man rechne: Vor sechs Wochen (…) und zähle zusammen: Freitag, 19. November bis Montag, 22. November…

Irgendwie wird man den Verdacht nicht los, dass da Kontakte schon lange bestanden haben, und dass nun die Fäden zusammengeknüpft werden, die von den gerissenen Stricken übriggeblieben sind. Auf Deutsch: Auch Suter… Suter will sich ja nicht auch trennen von Somm, zumal Suter die Urheber der 18’000 Unterschriften als Mobber und deren Unterschriften als strafwürdiges Mobbying bezeichnet.

Wiederum eine Milchmaitli-Rechnung: Für Suter ist Blocher ein Mensch «lediglich» mit «einer anderen Meinung», mehr nicht. Somm hat Suters Vertrauen. 18’000 sind Irregeleitete, die wieder in die Herde zurückgehören. Suter hat nur acht Millionen Vermögen (geschätzt). Tettamanti hat eine BaZ mit 100 Millionen Schulden gekauft und jetzt mit dem Verkauf an Suter immer noch ein Geschäft gemacht. Unter dem Strich: Da fehlen bei Suters Rechnung noch ein paar Milliönchen.

Nun ist es so, dass die BaZ nie eine «linke» Zeitung war, nicht mal eine liberale, schlechtenfalls eine langweilige, aber eine, die auch kritische Stimmen zu Wort kommen liess oder hervorragende Autoren, deren Themen eine Herausforderung an die intellektuelle Auffassungsgabe der Leser bedeuteten. Was manche Leser mit «links» verwechseln mochten oder borniert als «links» denunzierten (man beachte die abstossend massiv pöbelnden Leserbriefe!).

Die bisherigen Besitzer waren keine «Linken», auch wenn sie nicht zum «Daig» gehörten - im Gegenteil: Der letzte der Familie Hagemann zeigte unumwunden seine Sympathie für die SVP, deren Basler Fraktion von Wirrköpfen (Beat Alder) initiiert und von Querulanten (Angelika Zanolari) aufgebaut worden war.

Worauf ich hinaus will: Man wird den Verdacht nicht los, dass Moritz Suter im Auftrag handelt. Ich würde es ihm gerne glauben, dass er eine starke Zeitung der Region Basel erhalten will. Und das ist durchaus anstrebenswert. Doch dafür sollte er die Zahlen offenlegen, womit auch für die Leser und für die Bevölkerung klar werden kann, wer tatsächlich hinter dem Unternehmen steckt. Erst dann sind Aufrufe, der Zeitung mit einem Abonnement das Fundament zu stärken, ohne wenn und aber befolgbar.

Andererseits bietet dieses ständige Wiederholen der Worthülsen «liberal» und «links-grün» SVP-nahen oder zugewandten Orten in Basel und Umgebung, aber auch im Restland, eine geeignete Angriffsfläche, um Basel politisch zu disziplinieren. In der «Üsserschwyz» gelten wir hier am Dreiländereck sowieso als Aussenseiter, als Grenzgänger Europas, ziehen mit der reichen Pharmaindustrie den Neid unserer Kompatrioten auf uns und geben mit dem uns eigenen Witz und Sarkasmus den Eindruck von Anarchisten ab. Das bedeutet bei den «anderen» eben bereits «links», weckt Ängste, schlimmer noch als Minarette oder Pocken, zumal wenn noch «grün» mitschwingt: «Links-grün» ist so ein allgemein ungültiger Vorwurf wie «Fussballdeppen» für Sportsfreunde (um das Beispiel den Analphabeten zu verdeutlichen)…

Die Basler Zeitung braucht jetzt einen Kapitän, der seine Mitarbeiter zu Höchstleistungen motivieren kann, um das Schiff (oder meinetwegen den Jumbo) auf Kurs zu bringen. 100 Hände schütteln ist so ein erster Handgriff. Den Blocher als Berater engagieren, war es nicht. Aber ein Handschlag vom Format eines Moritz Suter ist wie beim Kuhhandel im Rheintal, im Emmental oder im Appenzell ein Vertrag - unkündbar und mit der Ehre beider besiegelt! Wollen mal sehen und lesen.

Von Jürg-Peter Lienhard



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