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Artikel vom 07.01.2009

Elsass - Kultur

Traduction en français à la fin (PDF)

Wo ist das?

Alain Joannis illustriert für das «Times Magazine» und den «New Yorker» - per Mac und Internet vom Sundgau aus…

Von Redaktion



Basler kennen Bangkok (Maisons de tolérance) besser als ihre nahe heimatliche Umgebung, obwohl man sie per Velo erkunden kann und dafür nicht umweltverschmutzend um den halben Erdball jetten muss. Wo also lungern Pluto und seine Kumpels im Elsass herum? Bild: Alain Joannis, Aspach © 2009


Bitte noch ein paar Zeilen Geduld bis zur Lösung des Bildrätsels: Der französische Künstler Alain Joannis aus Besançon wohnt zurzeit in Aspach im Sundgau bei unserem alten «Confrère» Claude Kayser, einem Journalisten der grossen Klasse und vom Schlage wie seinerzeit «-sten» in der Basler Zeitung. Er ist immer für Überraschungen gut, obwohl längst pensioniert - aber eben: schreibsüchtig… Von Claude Kayser werden sie künftig im webjournal.ch noch mehr lesen und erfahren. Hier aber vorab schon mal sein Bericht über seinen Mieter Alain Joannis, dessen Illustrationen weltweit gefragt sind.

Alain Joannis arbeitet mit dem Computer, womit er in verblüffend «realistischer» Kohle- und Röteltechnik im Stile der in Frankreich grosse Tradition geniessenden «Bandes Déssinées» seine Illustrationen herstellt. Sie sind hochbegehrt bei grossen Magazinen in New York, aber er publizierte sie auch in der Schweiz, in Frankreich und Deutschland.

Seine Karriere begann der 1955 in Besançon in der Franche-Compté geborene Künstler in den 80er-Jahren als Zeichenlehrer in Mulhouse an der Ecole des Beaux-Arts, wo er 1998 aber gewissermassen von einem Tag auf den anderen den Bettel hinwarf und mit seiner Frau Dorothée, einer Psychoanalystin, «zur Sonne» aufbrach: nach Tahiti. Dort arbeitete er während zehn Jahren mit Kohle und Rötel in Papeete, weit weg von den Touristenorten.

Doch als er einmal seine Bilder an einer Ausstellung im Gemeindehaus von Papeete zeigte, wurde er von einem amerikanischen Touristen «entdeckt», der ihn nach San Francisco und New York empfahl. Schliesslich installierte er sich in New York, wo er als freier Illustrator für «Times Magazine» und «The New Yorker» arbeitete.



Alain Joannis mit einem seiner Werke auf Tahiti.


Es zog ihn aber vor Jahresfrist wieder nach Europa zurück, wo er sich im Sundgauer Aspach niederliess. Schliesslich erlaubt sein Werkzeug, der Apple-Computer und das Internet, nach überall in der Welt seine Arbeit zu verschicken. Auf der Suche nach Sujets begann er sich, gewissermassen als «französischer Immigrant», in seiner näheren neuen Heimat umzusehen und entdeckte dabei die Zeugen der verflossenen gloriosen Epoche von Mülhausens textiler Industriegeschichte.



Wo watschelt Enterich Donald hier als grimmiger «Flic» die Gassen entlang? Bild: Alain Joannis, Aspach © 2009


Es braucht das wache Auge des suchenden Künstlers, um die Details der grossen Entwürfe aus jener Zeit zu entdecken und sie neu zu beleben durch die Bildsprache unserer Zeit. Alain Joannis gelang dies in zwölf Tafeln, die er vom 17. bis 24. Januar 2008 im neuen Casino von Blotzheim ausstellen kann.

Die Sujets, die der Künstler in Computertechnik entstehen lässt und historische Architektur mit ebenfalls bereits historischen Comix-Figuren verwebt, ziehen das Auge aber auf die akribisch wiedergegebenen Details der Bauten. Und werten sie auf, oder man könnte gar meinen, erwecken sie zu neuer Wertschätzung. Die «Bandes Déssinées» jedenfalls sind in Frankreich literarische Gattung, und die Kunst von Roy Lichtenstein ist Klassik der Gegenwart.



Oje, Monsieur Spiderman, das ging schief… An welchem Gebäude bröckelt im Elsass die Fassade so, wie es auf dieser Tafel den Anschein machen soll? Bild: Alain Joannis, Aspach © 2009


webjournal.ch zeigt drei von Alain Joannis Tafeln als Beispiele dieser künstlerischen Gattung aus «Bandes Dessinées» und Pop-Art-Technik. Claude Kayser, dessen Kürzel «clak» in der Zeitung «l‘Alsace» über Jahrzehnte so berühmt war, wie «-sten» in der «National-Zeitung» und später in der «Basler Zeitung», hat den Lebenslauf des Künstlers für webjournal.ch in Sundgauer Sprache niedergeschrieben. Wir freuen uns, unseren Basler Lesern, die ja liebend gerne Elsässisch hören, das «CV» («curriculum vitae») in diesem erdigen Idiom unserer geliebten Nachbarn wiedergeben zu können und danken «clak» für die Arbeit.


Auflösung der Örtlichkeiten

1. Bild (von oben nach unten): Bahnhof Mülhausen («Lumière du soir sur la gare de Mulhouse»);
2. Bild: Wilder-Mann-Gasse, Zentrum Mülhausen («Samedi, rue du sauvage»);
3. Bild: Europaturm mit Drehrestaurant zuoberst. («Seppi Spidermann est Alsacien, la preuve») - «Seppi Spidermann ist Elsässer - der Beweis» (er flucht den elsässischsten Fluch aller Elsässer…), und «Seppi» heisst Joseph, wie viele katholische Elsässer…





Wer isch dr Alain Joannis?

Ewersetzung in Sundgauer Elsaessisch-Kuddelmuddel vum clak


Gebore ane 1955 in Besançon (Franche-Comté)



1972 – 76: Bac scientifique un maldet sech en d'Ecole des Beaux-Arts vu Besançon, awer blibt so zemlick entfernt vum Atelier de Robert Girard, sehr beriemter Bildkunstmoler, un àgnu in alle Kenigsheff vu gans Europa;

1977 – 1995: salbstandiger Illustrierer un Reklammschepfer in Frankrich, Ditschland un dr Schwyzz un drzüe Profasser en dr Ecole des Beaux-Arts vu Milhüse (1993 – 1995);

1995 – 2006: Suecht e Platz en dr Sunne, un landet fer elf Johr en dr Tahitiinsel, wu s Meerwasser eim so aalockt fer bade met 30°. Noh'm Bade vereffentlickt er drei Biecher, gemoolt mit Kohle und Rötel in Digitalkunscht (fusains, sanguines en art numérique), ewer's Thema «Polynesienscher Traditionnen»;

Züefällig e New-Yorker Galerist, Feriegast uff Tahiti, zeigt sech sehr interessiert vu dr Joannis-Produkzion, un pletzlich, en'r e kurzi Zitt, werd d'rAlain bekannt üsserhalb vo dara kleina Insel. Bsonders met sym ironische Büech: «Liberté, égalité, bananes» (2005 – éditions Le Motu). En dam Buech, politisch unkorrekt, beschribt'r Dschàttesitta vum Mythos «Inselpàràdis».

Uff Tahiti, Uturoa un Nouméa, stellt er sewa Mol üss ,

2005: met grosser Ewerràschung kann'r sini Arwet zerscht in New-York, un dan en San Francisco, Hawaï un Anchorage (Alaska) üsstelle.

2006 – 2007: installiert sech in New-York un schàfft als «Freyerkunschtillüstrierer» em «Times Magazine» un «New-Yorker», vergesst awer net widderscht sini eigeni Arwet als Kenschtler;

2007: Het er Sennsucht uff dr Menschterkaasgschmakla. Das weckt sy Heimweh, denn in Amerika hetts 's Menschterkaasgschmakla dr glyych gfährlig Rüef, wie fer d'Bushverwaltung d'Màssivverchnichter-Waffe wu se en Irak net gfunde han - un dr Alain landet em Sundgau, bi Altkilch;

2008: Ewerràscht von dr Milhüserfàwrickarchitektur vum 19. Johrhundert, insziniert Alain Joannis 12 Dàrstellunge met prachtige Gebejder vu dr Milhüserstadtumwalt, fer a kleini Üsstellung.

Von Redaktion

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