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Artikel vom 14.01.2008

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Ottokars Cinétips

NICHT VERPASSEN - IM STADTKINO BASEL

13 Stunden Döblin auf 35 mm

In restaurierter Fassung ist Fassbinders Opus magnum «Berlin Alexanderplatz» auf einmaliger Schweizer Tournee und wird vom 17. bis 20. Januar 2008 im Stadtkino Basel gezeigt

Von Ottokar Schnepf




Fassbinder 1979 während der Dreharbeiten zu Döblins Jahrhundert-Roman «Berlin - Alexanderplatz», der für den unsteten Theater- und Filmregisseur das Buch seines Lebens wurde.


Auf den Fernsehschirmen wurde es vor 27 Jahren etwas düster: In 14 Folgen erzählte Rainer Werner Fassbinder mit seiner Filmversion von Alfred Döblins Roman «Berlin Alexanderplatz» (1929) die Geschichte von Franz Biberkopf, einem im Grunde anständigen Menschen mit Gefängnisvergangenheit, dem in einer proletarischen Leidensgeschichte alle Sensibilität, alle Gefühle, alle Moral ausgetrieben werden.

Deutschlands Regie-Genie und enfant terrible, Fassbinder, war nicht der erste Kino-Interessent an Döblins Jahrhundert-Roman. Bereits 1931 verfilmte Piel Jutzi die proletarische Passion. Doch für Fassbinder wurde «Berlin Alexanderplatz» das Buch seines Lebens: «Vor zwanzig Jahren etwa, ich war gerade vierzehn, befallen von einer fast mörderischen Pubertät, begegnete ich auf meiner ganz und gar unakademischen, extrem persönlichen, nur meinen ureigenen Assoziationen verpflichteten Reise durch die Weltliteratur Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz.» Fassbinder las den Roman vor allem als die Liebesgeschichte zweier Männer, die sich ihre Liebe nicht eingestehen können und deren Leben daran kaputtgeht.

Ursprünglich waren zwei Projekte parallel geplant: Eine Fernsehserie, die das Publikum vor dem Bildschirm mit Döblins Roman vertraut machen wollte, und ein Kinofilm, der weit radikaler und experimenteller im Zugriff auf den Stoff sein sollte.

Der ehrgeizige Plan liess sich jedoch nicht verwirklichen - schon die TV-Serie in 13 Folgen und einem Epilog, Sendelänge über 15 Stunden, war ein kaum zu bewältigender Kraftakt. Und mit 13 Millionen DM Budget war «Berlin Alexanderplatz» eines der aufwendigsten TV-Produkte in Deutschland, dem dann der Spiegel vom 13. Oktober 1980 eine Titelgeschichte widmete.

Doch das gesamte Projekt erweist sich bald auch als grosses Ärgernis. Hauptvorwurf ist, die Aufnahmetechnik und die Lichtregie hätten zu wenig Rücksicht auf flimmernde Bildschirme genommen - der Film bietet streckenweise nur eine dunkle Ahnung. Die Einschaltquoten sanken drastisch, doch wer weiterhin die Serie verfolgte, erlebte einen faszinierenden Bilderbogen mit grandiosen Darstellern wie Günter Lamprecht, Gottfried John, Elisabeth Trissenar, Hanna Schygulla oder Barbara Sukowa.

Dass Fassbinder Döblins Roman nicht als gefälliges historisches Spektakel inszenieren würde, war zu erwarten. Doch die Feinfühligkeit, mit der er den Weg des Franz Biberkopf begleitet, überrascht auch den, der Fassbinders besondere Affinität zum Thema kennt.

Vor allem aber ist «Berlin Alexanderplatz» eine Literaturverfilmung: Drehbuchautor Fassbinder hat die Buchvorlage für das andere Medium ohne einschneidende Änderungen übersetzt. Und im Film erklingt aus dem Off eine immer wiederkehrende Stimme, die aus dem Buch zitiert, sozusagen die Stimme des Romans; es ist die Stimme von Fassbinder.

Da der Film seiner Länge wegen und in Ermangelung einer 35-mm-Kopie nie ins Kino kam, hat man den Film nun digital restauriert und auf 35-mm-Film umkopiert. Die von Fassbinder absichtlich verwendeten düster dunklen Bilder wurden etwas aufgehellt, so dass der Film eigentlich nicht mehr in allen Nuancen das ist, was der Regisseur uns zumuten wollte.

Trotzdem: Endlich ist dieser legendäre Film im Kino zu sehen, vom 17. bis 20. Januar in Basel im Stadtkino.


Infos:

Pass für alle Teile (8 Vorstellungen):

CHF 100.– / Mit Super-8-Karte: CHF 50.–

Freier Eintritt mit Passepartout-Karte, Einzeltickets sind zu den üblichen Preisen ebenfalls erhältlich.

Am Sonntag, 20. Januar wird zwischen den beiden letzten Vorstellungen Berliner Currywurst angeboten.


Stadtkino Basel
Klostergasse 5 (beim Theaterplatz via Kunsthallen-Garten, Restaurant Kunsthalle)
CH-4051 Basel

Billettreservationen: Tel. +4161-272 66 88

(reservierte Karten müssen mindestens 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn abgeholt werden)



Beachten Sie die anderen Vorstellungen zum Fassbinder-Zyklus im Stadt-Kino Basel - siehe nachfolgenden Link!


Spielzeiten der Serie Alexanderplaz:

Do 17.01.08 21:00
1: Die Strafe beginnt
81 Min.

Fr 18.01.08 18:00
2: Wie soll man leben, wenn man nicht sterben will
3: Ein Hammer auf den Kopf kann die Seele verletzen
je 59 Min.

Fr 18.01.08 21:00
4: Eine Handvoll Menschen in der Tiefe der Stille
5: Ein Schnitter mit der Gewalt vom lieben Gott
je 59 Min.

Sa 19.01.08 18:00
6: Eine Liebe, das kostet immer viel
7: Merke: Einen Schwur kann man amputieren
je 58 Min.

Sa 19.01.08 21:00
8: Die Sonne wärmt die Haut, die sie manchmal verbrennt
9: Von den Ewigkeiten zwischen den Vielen und den Wenigen
je 58 Min.

So 20.01.08 13:30
10: Einsamkeit reisst auch in Mauern Risse des Irrsinns
11: Wissen ist Macht und Morgenstund hat Gold im Mund
je 59 Min.

So 20.01.08 16:00
12: Die Schlange in der Seele der Schlange
13: Das Äussere und das Innere und das Geheimnis der Angst vor dem Geheimnis
58 Min./59 Min.

So 20.01.08 20:30
Epilog: Mein Traum vom Traum des Franz Biberkopf von Alfred Döblin
111 Min.


Von Ottokar Schnepf

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Homepage Stadt-/Land-Kino Basel


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