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Artikel vom 28.12.2004

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Elsass - Allgemeines

Schreckliche Gewissheit!

17 Tote und 15 Verletzte, davon zwei in Lebensgefahr, ist die offizielle Bilanz der Gasexplosion in Mülhausen

Von Jürg-Peter Lienhard



Was von der Gasexplosion nicht zerstört wurde, mussten die Rettungskräfte zur Bergung von Opfern auch beseitigen.



MULHOUSE.- Es ist kaum zu glauben, welche verheerende Auswirkung eine Gasexplosion haben kann: Das vierstöckige Wohnhaus an der Rue de la Martre 12 im Wolf-Wagner-Quartier von Mülhausen ist praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Auch einzelne armierte Wände, die stehengeblieben sind, wurden nun bei der Suche nach weiteren Opfern vom Bagger der Rettungskräfte niedergerissen, so dass die Parzelle ein einziges Trümmerfeld ist. Anders als vom Schweizer Radio berichtet, ist das Wolf-Wagner-Quartier keine Sozialsiedlung à la Pariser «Banlieu», sondern ein normales Wohnquartier, und das in den 60er-Jahren erbaute Haus mit zehn Miet- und Eigentumswohnungen wurde erst kürzlich umfassend renoviert.

Die Suche nach Opfern gestaltete sich auch am Tage nach dem Unglück schwierig, wusste doch niemand genau, wieviele Personen sich am Stephanstag abends, als sich die Explosion gegen 17 Uhr ereignete, im Haus anwesend waren und wieviele auswärtige Gäste sich zu Besuch darin aufhielten. Darum machten die Behörden alle Opferangaben vorbehältlich, bis schliesslich am Montag Abend, 27. Dezember 2004, feststand, dass 17 Tote und 15 Verletzte, darunter zwei in Lebensgefahr, zu beklagen sind.

In der Umgebung der Unglücksstätte hingen zwei Tage nach der Explosion in den Aesten der Bäume immer noch Kleiderfetzen; in den Nachbarsgärten lagen demolierte Haushaltgeräte, aber der Herd der Explosion ist gewissermassen pulverisiert. Schrecklich sich auszumalen, dass der eine oder andere Hausbewohner nun in Basel an seinem Arbeitsplatz fehlt - ist doch Mülhausen nur knapp 20 Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt, und viele Grenzgänger kommen täglich aus der elsässischen Nachbarschaftsstadt nach Basel zur Arbeit.

Befremdlich zögerliche Anteilnahme Basels

Gerade letzterer Umstand gibt zu denken, wie zum Beispiel die Basler Zeitung in ihrer Montagsausgabe vom 27. Dezember 2004 das Unglück noch mit keinem Wort erwähnte; TeleBasel in der abendlichen Nachrichtensendung «7vor7» den Moderator Dani von Wattenwyl unverständlich von «Müluus» stammeln liess und das Schweizer Radio von «der französischen Stadt Mulhouse» berichtete… Natürlich ist der Pazifik gleichzeitig von einer gewaltigen Katastrophe heimgesucht worden - doch scheinen Orte vor der Haustüre für die regionalen Medien viel weiter entfernt, als die Maledivien…



Die verstümmelte Leiche eines Kindes sind die einzigen Reste einer vierköpfigen Familie, deren Körper von der Wucht der Explosion zur Unkenntlichkeit zerrissen wurden. Um Leichenteile zu bergen, musste die Feuerwehr selbst armierte Stockwerkteile einreissen.





Über Explosionsursache gibt es keine Erkenntnisse und wird es wohl kaum geben. Sicher ist lediglich, dass von den Hausbewohnern keine Anzeichen eines Gaslecks bemerkt oder gemeldet wurden, obwohl auch das Mülhauser Erdgas «odoriert» wird, um vor Lecken mit einem unangenehmen Geruch zu warnen. Erdgas ist ansonsten geruchlos. Für den Gebietsverantwortlichen der staatlichen Energiewerke EDF-GDF (Eléctricité de France/Gaz de France) steht jedoch fest, dass weder vor noch unmittelbar während der Explosion im Netz ein Gasverlust durch Leck vermerkt worden war.

Schlimmstes Gasunglück seit 1971

Das Gas-Unglück von der rue du Martre in Mülhausen ist seit 1971 das schlimmste, das in Frankreich geschah und derart viele Menschen in den Tod riss. Die meisten Opfer sind durch den Einsturz der Obergeschosse, wo sich aller Voraussicht nach der Explosionsherd befand, getötet worden. Die Leichen wurden vorerst zur Identifikation ins Leichenhaus der Rettungskräfte gebracht. Die Särge mit den Toten sollen dann im Verlaufe des Dienstag, 28. Dezember 2004, in die Kirche Sainte-Jeanne-d‘Arc verbracht und aufgebahrt werden.

Die französische Delegierte des Innenministeriums, Marie-Josée Roig besuchte am Montag, 27. Dezember 2004, die Unglücksstätte und überbrachte namens ihrer Funktion die Beileidsbekundungen der französischen Regierung. Der Mülhauser Bürgermeister und Senator Jean-Marie Bockel, sowie der oberelsässische Präfekt, dankten den Rettungskräften für die effiziente Hilfeleistung, die perfekt funktioniert habe.

Von Jürg-Peter Lienhard


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