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Artikel vom 04.11.2008

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Elsass - Kultur

Brahms im Zeichen des Dichters

Konzert, Ausstellung, Lesung und Anthologie zum 100. Geburtstag von Paul-Georges Koch in St-Louis

Von Redaktion



Dichtete auf Hochdeutsch: Pfarrer Paul-Georges Koch aus dem elässischen Vogesenstädtchen Münster. Foto zVg Jean-Christophe Meyer, St-Louis © 2008

Der elsässische Dichter, Pfarrer und Organist, Paul-Georges Koch, wäre dieses Jahr 100 geworden. Der im Geist Rilke nahestehende Lyriker gilt als einer der bedeutendsten Dichter des Elsass in Hochdeutscher Sprache. Mit einem Orgel-Rezital und der zweisprachigen Lesung von Gedichten Kochs am Freitag, 7. November 2008, will der «Cercle Paul-Georges Koch» den Gedenktag begehen und mit einer Ausstellung am Wochenende vom 8. und 9. November 2008 die Erinnerung wachhalten.

Auf dem Programm des Konzertes in memoriam Paul-Georges Koch (1908–1984) in der evangelisch-reformierten Kirche von Saint-Louis (Paroisse Réformée, Infos siehe unten), stehen romantische Variationen Brahmscher Chorale. Gleichzeitig erscheint eine zweisprachige Anthologie. Koch, der als Organist in den 50er-Jahren selber junge Talente förderte, galt als ausgesprochener «Freund der Musiker».

An der Orgel spielt der Pastor der reformierten Kirche, Frédéric Humber. Er hat auch die Stücke von Brahms ausgewählt, die Koch ebenso gerne spielte, weil sie im Werk des Komponisten selten sind. Pastor Humber sagt davon, dass die Orgelstücke in zwei weit auseinanderliegenden Epochen geschaffen wurden: Etliche allein in der Jugend; die Chroale im Alterswerk. Brahms habe perfekt das Erbe Bachs und der Romantiker zusammengeführt und damit Stücke von seltener Tiefe geschaffen.

Zwischen den Orgelstücken werden Gedichte von Paul-Georges Koch vorgetragen. Die meisten stammen aus der ihm gewidmeten Anthologie «Im Kreuzfeuer zweier Kulturen - Dans les feux croisés de deux cultures».

Sein Grosskind, der Journalist Jean-Christophe Meyer von der elsässischen Tageszeitung «Journal l'Alsace» in Saint-Louis, hat etliche der Gedichte seines Grossvaters auf Französisch übersetzt, um den französischsprachigen Zuhörern im Publikum den Zugang zu den Texten zu erleichtern.




Der Journalist Jean-Christophe Meyer liest in Münster Gedichte seines Grossvaters auf Hochdeutsch, die er auch auf Französisch übersetzte. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2008


Über den Dichter

Paul-Geroges Kochs deutschsprachige Lyrik sei ein «Erbe Rilkes», meinte der elsässische Linguist Adrien Finck. Kochs Deutsch sei «herb und gediegen». In der ersten «Blütenlese» seien die Verse noch regelmässig, und man finde viele Sonetten darin. Das Spätwerk öffne sich jedoch «entschlossen zu einer Modernität im Ausdruck, manchmal wuchtig und kritisch». Er verstand das Elsass als «Grossfamilie, die Frankreich geheiratet habe». Dasselbe Prädikat, wie jenes, das für René Schickele gelte, könne man auch auf ihn anwenden: «Citoyen français und Deutscher Dichter». Immerhin hat er ja eine Zweisprachigkeit im Sinne Schickeles geübt.

Raymond Matzen, ebenfalls elsässischer Linguist, der sich mit der elsässichen Poesie und elsässischen Dichtern (wie z.B. Nathan Katz) intensiv beschäftigt, beurteilt Koch als den «bemerkenswertesten deutschsprachigen Dichter des Elsass im 20. Jahrhundert».

Lesen Sie auch die Einführung ins Werk des Dichters von Adrien Finck, Professor für Literatur in Strassburg via Link unten (zum Herunterladen im Format PDF).


Die Ausstellung

Nach dem Orgelkonzert und Lesung vom Freitag, 7. November 2008, in der reformierten Kirche von St-Louis, wird eine Ausstellung eröffnet, die bis am Sonntagmittag dauert, und bei der man mit dem Werk Kochs Bekanntschaft machen sowie die zweisprachige Anthologie erstehen kann.

Paul-Georges Koch, Ausgewählte Gedichte: «Im Kreuzfeuer zweier Kulturen/Dans les feux croisés de deux cultures». Editions Jérôme Do Bentzinger, Colmar 2008


Der Organist

Frédéric Humber ist seit 1988 Pfarrer in der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde von Saint-Louis. Er hat nebst dem theologischen Studium eine musikalische Ausbildung an den Konservatorien von Mulhouse (Klavier, Orgel, Handschriften) und Strassburg (1. Preis für Orgel 1966) genossen. Als Pfarrer-Organist ist er stets im ganzen Dreiländereck zu hören. Künstler wie Philippe Litzler und vor allem Urban Walser in Basel haben seine Kompositionswerke uraufgeführt. Ausserdem hat er an verschiedenen neuaufgelegten Kantatensammlungen in Frankreich und Deutschland mitgearbeitet.


Infos

Die evangelisch-reformierte Kirche von St-Louis befindet sich an der rue du Temple 4. Man erreicht sie mit dem öffentlichen Verkehrsmittel ab Basel–Schifflände (Bus 604) bis Station St-Louis-Centre. Von dort die Strasse rue de Mulhouse entlang, zirka 100 Meter bis zur nächsten Querstrasse rechts.

Konzert und Lesung: am Freitag, 7. November 2007, um 20.15 Uhr (Eintritt frei)

Ausstellung: Vernissage am Freitag, 7. November 2008 im Anschluss an das Orgelkonzert.
Geöffnet am Samstag, 8. November 2008, von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr.
Am Sonntag, 9. November 2008, von 10 bis 12 Uhr.
Eintritt frei

Paul-Georges Koch, Ausgewählte Gedichte: «Im Kreuzfeuer zweier Kulturen/Dans les feux croisés de deux cultures». Editions Jérôme Do Bentzinger, Colmar 2008



PS: «Protestantischer Tempel»

jpl.- Frankreich ist katholisch, zumindest immer noch mehrheitlich. Bis zur französischen Revolution war der Katholizismus gewissermassen Staats-Religion.

In der Reformationszeit im 16. Jahrhundert wurden die Anhänger der Erneuerung (Reformation) der christlichen Kirche verächtlich als «Protestanten» bezeichnet; in Frankreich «Hugenotten», was nichts anderes als «Eidgenossen» bedeutet - französisch ausgesprochen… Denn der Genfer Reformator Johannes Calvin hatte starken Einfluss auf die französischen Reformierten, die nach dem Edikt von Nantes aus Frankreich vertrieben wurden und in Genf Zuflucht suchten.

Die katholische Staatsreligion nahm allein für sich in Anspruch, Gotteshäuser als «Kirchen» bezeichnen zu dürfen. Die Gotteshäuser der «Heidenreligionen» galten als «Tempel», eben als «Heidentempel». Das erklärt die Adresse der evangelisch-reformierten Kirche von St-Louis an der «rue du Temple» (und andernorts in Frankreich). Geschichtlich aufgeklärte Reformierte korrigieren stets «protestantisch» mit «evangelisch-reformiert». Ihr Glaube sei «in Christus» im evangelischen Sinne reformiert vom weltlichen Anspruch des Katholizismus, und sie seien nicht im Sinne des katholischen Popanz bloss Protestler. Daher ist die Gemeinde das Zentrum der Evangelisch-reformierten, französisch «paroisse» genannt, und hebt sich auch da ab von der hierarchischen unbedingten Struktur des Katholizismus.


Von Redaktion

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Koch auf dem Dichterweg in Münster in den Vogesen

• Das Gedicht «Herbststimmung» aus «Lebenstanz» dt/frz.

• Einführung ins Werk von Prof. Adrien Finck im Format PDF


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